Snappen, streamen, scrollen: Ist das noch gesund?

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Wie gelingt ein gesunder Umgang mit sozialen Medien und dem Internet? Wie können Eltern ihre Kinder dabei unterstützen? Antworten von Streetworkerin Jasmin Csandl vom PSN Judenburg, einer der neuen 95 Anlaufstellen in allen steirischen Bezirken für Fragen zum gesunden Umgang mit dem Internet.

Rund 5,5 Stunden täglich nutzen Jugendliche in der Steiermark in der Freizeit digitale Geräte. Ein Drittel der Jugendlichen zeigt Anzeichen einer Suchtgefährdung und soziale Medien führen dabei am häufigsten zur suchthaften Nutzung [1].
In der Steiermark gibt es derzeit 95 Anlaufstellen in allen Bezirken, die bei Fragen zur gesunden Internetnutzung weiterhelfen. Hier finden Sie das gesamte Angebot: www.gesund-informiert.at/gesundonline

Übermäßiger Onlinekonsum wird zunehmend zum Problem

Eine der steiermarkweiten Anlaufstellen ist das Psychosoziale Netzwerk (PSN) in Judenburg/Murau/Knittelfeld. Expertin für Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung ist dort Jasmin Csandl, seit fast 20 Jahren Streetworkerin.

„In der Corona-Zeit hat sich unser Kontakt mit den Jugendlichen zunehmend in den Online-Bereich verlagert. Es war damals die einzige Möglichkeit, die Jugendlichen zu erreichen. Es hat sich aber auch gezeigt, dass das übermäßige Onlinesein immer mehr zum Problem wird“, erzählt sie aus ihrer Erfahrung. Vor einigen Monaten hat sie nun einen Lehrgang zur Mediennutzungsstörung absolviert, um Jugendliche noch besser bei einem gesunden Umgang mit sozialen Medien unterstützen zu können.

Wie viel Online-Zeit ist (noch) gesund?

Ein Richtwert sind für Jugendliche zwei Stunden freizeitliche Nutzung täglich. „Man kann das aber nicht an der Zeit festhalten“, betont Csandl. „Es ist ähnlich wie bei anderen Suchtformen. Relevant ist, ob ich noch die Kontrolle über mein Verhalten habe oder ob es schon zu sozialem Rückzug kommt und ich die Schule vernachlässige, weil ich nicht vom Handy wegkomme.“

Entscheidend sei der Hintergrund: Swipe ich durch TikTok-Videos, weil ich vor der Realität flüchten möchte? Möchte ich mich vor Problemen ablenken?

Risiko reduzieren – kein Handy neben Kleinkindern!

„Prävention beginnt schon mit der Geburt“, betont Kircher. „Kleinkinder unter drei Jahren benötigen keine digitalen Geräte. Auch als Elternteil sollte man nicht aufs Handy schauen, wenn man in Kontakt mit dem Kind ist. Für Kleinkinder heißt es nämlich, das Handy ist in dem Moment wichtiger als ich.“ Kinder haben dann das Gefühl, das Handy sei eine „Konkurrenz“ im Kampf um die Aufmerksamkeit der Eltern.

„Mensch ärgere dich nicht“ als Alternative zu TikTok

Die Streetworkerin spricht das Thema in der Arbeit mit Jugendlichen aktiv an. „Es ist ja meistens nicht so, dass die Jugendlichen von selbst kommen und sagen, sie haben eine Mediennutzungsstörung. Aber es ergeben sich immer wieder Situationen, wo es zum Thema wird. Wenn ich sehe, dass drei Jugendliche zusammensitzen und alle schauen aufs Handy, weise ich beispielsweise mit ‚Schaut‘s mal was hier passiert‘ darauf hin, um ihnen die Situation bewusst zu machen. Und frage dann ganz direkt: Wollen wir die Zeit nicht dazu nutzen, um uns zu unterhalten?“ Und es ist ja keineswegs so, dass die Jugendlichen nicht offen sind für Alternativen. „Der Renner sind derzeit das ‚Mensch ärgere dich nicht‘-Spiel und UNO-Karten.“

Das Anbieten von Alternativen zu Instagram, TikTok und Co. sei ganz wichtig, betont Csandl. „Sehr gut an kommen auch unsere ‚Escape Games‘. Da haben wir gewissermaßen Computerspiele ins reale Leben übertragen.“

Anknüpfend an den Tipp der Expertin könnten digital medienfreie Zonen an öffentlichen Orten wie Kaffeehäusern oder Spielplätzen dazu beitragen, die Dauer der digitalen Nutzung zu reduzieren und den Fokus verstärkt auf zwischenmenschliche Interaktionen zu lenken (Empfehlung Aktionsplan, S. 15).

Was können Eltern tun?

Eltern rät die Expertin, auch bei sich selbst anzusetzen und für die ganze Familie handyfreie Zeiten einzuhalten.

  • Hilfreich kann auch ein Handynutzungsvertrag sein – vor allem die gemeinsame Erarbeitung zwischen Eltern und Jugendlichen. „Es geht um die gemeinsame Entscheidung, wann das Handy Pause hat. Oder dass man Push-Nachrichten ausschaltet. Eine fertige Vorlage bringt da nichts, wichtig ist wirklich, dass man sich gemeinsam mit dem Thema beschäftigt.“

Online-Info & Kontakt in allen Bezirken

  • Viele weitere hilfreiche Infos zum gesunden Umgang mit sozialen Medien und Internet sind auf www.gesund-informiert.at/gesundonline zu finden.
  • Dort gibt es auch eine Übersicht an Hilfsangeboten (Beratungsstellen, Psycholog*innen) mit Expertise zum Thema Mediennutzungsstörung in allen steirischen Bezirken.

[1] Quellen: x-sample. Prävalenzschatzung und Strategieentwicklung zur suchtassoziierten Internetnutzung in der Steiermark (2023) und Lederer-Hutsteiner, T.: Prevalence and Correlates of Internet-related Addictive Behaviour among Styrian Pupils. Dissertation. Medical University of Graz. Graz, Austria (2025)