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Folge #81 Gesund informiert mit Daniel Kulle: Macht uns das Internet krank?

Podcast-Cover: Eine Hälfte zeigt einen Apfel mit einem EKG-Muster und einem Herz, dazu ein Stethoskop und den Schriftzug "GESUND INFORMIERT ENTSCHEIDEN". Die andere Hälfte ist grün und zeigt das Logo von "ORF Steiermark" und ein Symbol für einen Podcast.

Es geht nicht mehr ohne… es ist ständig dabei und hunderte Male am Tag schauen wir drauf. Genau – die Rede ist vom Handy. Laut einer aktuellen Studie[1] unter steirischen Jugendlichen nutzt bereits jede/r dritte das Handy in bedenklichem Ausmaß.

In der Folge #81 des „Gesund informiert“-Podcast erfahren Sie, was eine „normale oder gesunde“ Handynutzung ist und ab wann man vielleicht über seinen Handykonsum nachdenken sollte. Außerdem geht es um die Bedeutung des Handys bei Jugendlichen, die eine Welt ohne Internet gar nicht kennen und dass ihre Gehirne tatsächlich schon anders funktionieren, als bei Generationen, die ohne Smartphone aufgewachsen sind.

Gast:
Daniel Kulle, Psychotherapeut

„Gesund informiert“ ist eine Zusammenarbeit zwischen ORF Steiermark und Gesundheitsfonds Steiermark.

Redaktion und Stimme: Fanny Sedlnitzky.

Quelle:
[1] Lederer-Hutsteiner et al. (2023). Prävalenzschätzung und Strategieentwicklung zur suchtassoziierten Internetnutzung in der Steiermark. Gesundheitsfonds Steiermark (Hrsg.). Download vom 22.09.2025 von https://gesundheitsfonds-steiermark.at/wp-content/uploads/2022/09/Studie-Internetnutzung.pdf

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Podcast-Ausschnitte

Hören Sie kurz in die Folge hinein!

Teil 1: Trennen Jugendliche zwischen der realen und der digitalen Welt?
Teil 2: Wie viel Bildschirmzeit braucht ein Kind?
Teil 3: Welche Folgen hat zu viel Mediennutzung?
Text zur Folge

Willkommen bei gesund informiert, der Gesundheitspodcast. Eine Zusammenarbeit von Gesundheitsfonds Steiermark und ORF Steiermark. Fanny Sedlnitzky liefert wertvolle Antworten in unserem rezeptfreien Podcast.

Heute mit dem Psychotherapeuten Daniel Kulle. Ein spannendes, aber doch auch etwas schwieriges Thema behandeln wir in unserer neuen Podcast-Folge. Es geht heute um das Thema Internet.

Ganz genau wollen wir mal ein bisschen klären, ob uns das Internet krank macht. Und dazu habe ich einen Experten eingeladen, Daniel Kulle, Psychotherapeut. Ich heiße Sie herzlich willkommen.

Guten Tag. Ich freue mich, dass Sie Zeit gehabt haben. Sie sind Psychotherapeut.

Was hat denn das Internet mit unserer Psyche zu tun, um das jetzt einmal vielleicht überhaupt zusammenzuführen? Dazu müssen wir verstehen, dass wenn wir von Gesundheit oder auch von Krankheit reden, reden wir nie von rein körperlichen Dingen, sondern in Wirklichkeit reden wir von einem Phänomen, das ist biopsychosozial. Also das heißt ein Phänomen, das betrifft den Körper, betrifft die Emotionen, die Gefühle und betrifft aber auch das Sozialleben. Und natürlich hat das Internet und die digitalen Medien und alles, was damit zu tun hat, Auswirkungen auf unser Sozialleben, Auswirkungen auf unsere Gefühle und wenn es zu häufig oder zu intensiv passiert, auch Auswirkungen auf unseren Körper.

Und damit kann es bei intensiver Nutzung einfach auch krank machen. Schön erklärt. Wir wollen uns das etwas genauer ansehen heute und wollen eben wissen, was ist zu intensive Nutzung? Wo hört es auf, dass man sagt, das Internet wird gut genutzt oder gebraucht? Denn das muss man schon auch sagen, ohne Internet geht es halt auch nicht mehr.

Ganz sicher nicht. Diese Dinge werden nicht mehr verschwinden. Die sind gekommen, um zu bleiben.

Und auch dazu muss man sich vergegenwärtigen. Also ich persönlich komme ja noch aus der Generation Vierteltelefon. Ich auch.

Und das heißt für uns, wir kennen eine Welt ohne Internet. Wir kennen eine Welt ohne Handys, ohne Smartphones, ohne Tablets und all diese Dinge. Jugendliche nicht.

Die kennen eine Welt ohne diese Dinge nicht. Und da beginnt schon einmal der erste Punkt, wo wir Erwachsene uns schwer tun. Wir trennen also in unserer Wahrnehmung zwischen der realen Welt und der digitalen Welt.

Jugendliche nicht. Für die ist das eins. Bei denen existiert im Kopf diese Trennung zwischen digital und real nicht.

Das macht es auch für uns so schwierig nachzuvollziehen, was das mit den Jugendlichen macht. Weil es hat tatsächlich auch positive Auswirkungen. Jugendliche denken anders als wir.

Jugendliche denken viel mehr in Bildern.  Jugendliche denken schneller und viel besser vernetzt als wir. Also da ist nicht nur auf der digitalen Ebene in den letzten Jahrzehnten etwas passiert, sondern kann man vielleicht auch sagen, auch in unseren Köpfen, also vielleicht genetisch sogar, dass sich da jetzt langsam ein Prozess entwickelt, der uns Menschen verändert.

Genau so ist es. Und das ist auch tatsächlich nachweisbar und belegbar. Es haben sich zum Beispiel die motorischen Bahnen, die unseren Daumen steuern, verändert.

Weil wir den ständig fürs Handy brauchen.  So ist es, genau. Ein interessanter Ansatz.

Wir haben gesagt, wir kennen das Vierteltelefon noch, die Kinder wachsen mit dem Handy auf. Aber wie oft nutzt man denn täglich eigentlich das Handy und somit eigentlich mittlerweile auch das Internet? Denn mit dem Tastentelefon allein ist es ja auch nicht mehr getan. Beziehungsweise wo wäre denn eine sinnvolle Handynutzung, was die Dauer betrifft? Das muss man natürlich nach dem Alter unterscheiden.

Also so grundsätzlich gilt, ein Kind bis zu drei Jahren braucht keinen Bildschirm. Gar keinen. Und da reden wir jetzt auch Fernseher, Tablets und so weiter.

Und erst danach sollte man sich so langsam herantasten. Natürlich immer mit kindgerechten Inhalten, nicht gleich mit YouTube-Videos oder sonst irgendwelchen schnell geschnittenen Dingen starten. So als Faustregel kann man sich so ungefähr merken, als Maximum pro Tag zehn Minuten pro Lebensalter.

Okay, also da sind manche wahrscheinlich drüber. Und dann wundert es auch nicht, wenn man, ich sage jetzt vielleicht vereinfacht gesagt, ein bisschen abtaucht. Also es gibt ja dann gerade im Jugendalter Jugendliche, die wirklich versinken in ihren Tablets, in ihren Handys, im Computer, in dieser virtuellen Welt.

Dieser Einstieg da hinein, wo beginnt der Fehler? Wo kann man denn anfangen, sozusagen ein bisschen den Fokus darauf zu legen und zu sagen, da muss man ein bisschen Acht geben? Der Fehler beginnt eigentlich schon am Frühstückstisch mit Kleinkindern, wenn Mama und Papa am Sonntag zusammensitzen und frühstücken. Und das Kleinkind ist natürlich hoch interessiert, tastet alle Dinge ab, die da auf diesem Tisch liegen. Und irgendwann einmal kommt es mit der Hand natürlich beim Handy an.

Und da ist die Reaktion von Papa, nein, nein, nein, nein. Nimmt das Handy weg und das Kind hat in dem Augenblick gelernt, uh, das ist was Wichtiges. Und natürlich wird es danach noch immer interessanter.

Plus, was man nicht unterschätzen darf, ist einfach die Art und Weise, wie diese Dinge bedient werden. Nämlich mit Finger drauf, mit Streichen, mit Drücken und so weiter. Sehr kindgerecht, kommt einer kindlichen Handlung sehr entgegen.

Also ja, deswegen ist unsere Vorbildwirkung einfach wahnsinnig wichtig. Ich glaube, wir müssen damit starten, dass wir als Eltern diese Dinge einfach nicht zu wichtig machen. Zu groß machen in den Gedanken der Kinder.

Sondern die einfach so wie an einen Mixer oder an einen Mikrowellenherd behandeln. Es ist da, wir benutzen es, aber wenn es nicht da ist, geht die Welt auch nicht unter. Es ist schwierig, Sie sagen, man muss dann das Handy sozusagen eigentlich gar nicht wegnehmen, weil das macht es noch interessanter für das Kind.

Ja, liegen lassen ist aber auch nicht die Lösung des Problems. Denn dann nimmt das Kind das Handy und versinkt darin. Man sieht auch immer wieder, mich persönlich schockiert das, wenn ich durch die Stadt gehe.

Eltern wollen in Ruhe Kaffee trinken, wollen in Ruhe ein bisschen durch die Stadt bummeln oder durch Geschäfte. Da sitzen eineinhalb, zwei, dreijährige Kinder im Kinderwagen und haben sozusagen ein Handy vor der Nase. Kriegen von der Welt rundherum eigentlich gar nichts mehr mit.

Aber sie sind ruhig. Also eigentlich das Ziel der Eltern, ein paar ruhige Stunden zu verbringen, wurde erfüllt. Ja, aber zum Nachteil des Kindes.

Es ist tatsächlich, ich benutze jetzt ein großes Wort, aber es ist tatsächlich eine Katastrophe. Also Handys oder Tablets oder was auch immer als Babysitter zu benutzen, ist ein Riesenfehler. Weil, ich hole jetzt ein bisschen aus, wenn Sie sich vorstellen, das Hirn von einem acht Monate alten Baby hat dreimal so viel Synapsen, ich sage gleich, was das ist, hat dreimal so viel Synapsen wie ein Erwachsener.

Synapsen sind die Teile im Hirn, die dafür zuständig sind, dass die unterschiedlichen Hirnregionen miteinander kommunizieren. Dreimal so viel wie ein Erwachsener. Das heißt, das Hirn eines Kleinkindes, eines Babys ist darauf vorbereitet, alle möglichen Lernerfahrungen zu machen, alles mögliche kennenzulernen, was es gibt.

Und wenn ich das jetzt einschränke mit nur zum Beispiel einem digitalen Inhalt am Tablet oder was auch immer, dann heißt es, wie ein Muskel, ich trainiere zwar diesen Muskel, der das gut kann, aber alle anderen Muskeln, wie Wahrnehmung, wie Kommunikation, wie soziales Miteinander und so weiter, trainiere ich nicht. Und es ist tatsächlich so, es gibt so dieses Phänomen bei kindlichen Gehirnen, auf Englisch nennt sich das so schön, use it or lose it. Also die Teile, die ich regelmäßig benutze, die werden gut ausgebildet, die Teile, die ich wenig oder nie benutze, verkümmern.

Ja, und dann sozusagen wächst das Kind heran, es wird größer. Kann man diese Teile, die man bis dato dann vielleicht nicht oder zu wenig genutzt hat, überhaupt noch aktivieren, kann man das nachholen? Es wird immer schwerer. Es gibt ja diesen Satz, was Händchen nicht lernt, lernt Hansen immer mehr.

Stimmt nicht ganz. Eher müsste es heißen, was Händchen nicht lernt, lernt Hans nur sehr schwer. Aber es ist tatsächlich so, entwicklungspsychologisch gibt es gewisse Fenster, in denen sich Dinge im Hirn entwickeln sollten.

Wenn Sie das nicht tun, wird es danach immer schwerer. Diese Kippe von ich brauche das Handy und das Internet zu, ich nutze es zu viel. Man kennt das bei sich selbst auch als Mutter, Vater, als Erwachsener.

Man ertappt sich dabei, man hat es einfach ununterbrochen in der Hand. Viel zu oft, auch im Urlaub, man möchte es weglegen, man schafft es nicht. Ach, ich schaue nur schnell und schon sind ein, zwei Stunden vorbei, in denen man eigentlich sinnlos durch die Gegend surft.

Nicht auf der Welle, sondern im Internet. Wo kann ich denn sagen, dass ein Internetkonsum, muss jetzt nicht zwangsläufig am Handy sein, tatsächlich jetzt Auswirkungen auf meine Gesundheit hat? Denken Sie an das, was wir schon früher kurz besprochen haben, dieses Bio-psychosoziale. Wenn das ein Ausmaß annimmt, dass ich beginne, meine Sozialkontakte zu vernachlässigen, dass ich beginne, meine körperlichen Aktivitäten zu vernachlässigen, bei manchen geht das sogar so weit, dass sie beginnen, ihre körperliche Hygiene zu vernachlässigen, dann sind wir einfach in einem Bereich, wo die Alarmglocken schrillen sollten.

Diese Dinge behindern in Wahrheit auch die Ausbildung von adäquaten oder angepassten emotionalen, gefühlsmäßigen Reaktionen. Weil der Vorteil an YouTube-Videos, Internetinhalten, Spielen, was auch immer, ist, die Figuren reagieren immer gleich. Das heißt, es wird für mich als Zuseher, als Konsument, sehr rasch vorhersagbar, was da passiert.

Der Nachteil ist aber, sie reagieren nie auf mich. Und das heißt, dazu braucht es einfach reale Personen. Was sind denn die körperlichen, seelischen Auswirkungen? Was passiert denn tatsächlich, wenn alle diese Punkte jetzt eintreffen? Wenn ich meine sozialen Kontakte vernachlässige, wenn ich sogar, wie Sie sagen, bis zur körperlichen Hygiene vernachlässige, weil ich mich in dieser virtuellen Welt vergrabe? Es gibt unterschiedliche Dinge, die da passieren können.

Natürlich können da ganz, ganz klassische psychische Erkrankungen daraus entstehen. Das Erste, was man da natürlich einfällt, ist die Depression. Die Depression ist ja gekennzeichnet durch sozialen Rückzug, Isolation, Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, wenig Interesse an Dingen außerhalb meiner kleinen Blase.

Aber natürlich können auch Dinge entstehen, die vielleicht sogar noch dramatischer sind. Zum Beispiel sowas wie Emotionsstau. Also ich konsumiere regelmäßig Dinge, die mich in irgendeiner Art und Weise aufregen, ängstigen, meinen Erregungszustand einfach erhöhen.

Aber ich habe nirgends eine Möglichkeit, diese Erregung loszuwerden, weil das YouTube-Video nicht reagiert auf mich. Das heißt, es kommt zu einem Emotionsstau, der dann irgendwann mal raus muss. Und das sind dann ganz, ganz häufig die Jugendlichen, die dann einfach vom Null auf 100 explodieren und den Bildschirm durch die Gegend hauen oder sowas.

Oder diese fehlende Empathie, das finde ich ganz, ganz dramatisch. Empathie ist nämlich notwendig, damit wir als Menschen miteinander überhaupt leben können. Ich muss fähig sein, so etwas wie Mitgefühl für den anderen zu empfinden, zu bemerken, ob der Hilfe braucht, ob der in Gefahr ist, ob der bedroht ist oder was auch immer.

Wenn ich Empathie nicht entwickle oder nicht adäquat entwickle und vielleicht dann auch noch durch gewalttätige Spiele, so wie Shooterspiele oder sowas, ich nenne es einmal einfach gesättigt wäre, dann ist die Gefahr groß, dass ich das irgendwann einmal in die Realität mitnehme. Was sind denn so Symptome, die Menschen unter Umständen plagen, die einfach jetzt nicht in eine Depression fallen, aber trotzdem belastet sind von diesem ständigen Medienkonsum? Also ohne jetzt zu weit in die Medizin zu gehen, aber im Grunde leiden diese Menschen dann unter einem dauerhaften erhöhten Erregungszustand. Das heißt, die kommen ganz, ganz schlecht in die Entspannung und Entspannung ist etwas, was essentiell notwendig ist.

Es ist essentiell notwendig, erstens für unser Wohlbefinden, aber natürlich auch für Dinge wie Schlaf und aber auch für Dinge wie Lernen. Das heißt, auch für Konzentration usw. Konzentrationsschwierigkeiten können auftreten, Schlafstörungen können auftreten, Aggressionen können auftreten, Schulleistungen können runterleiden.

Also das kann ganz, ganz mannigfaltig sein. Jetzt wollen wir das natürlich einschränken. Es ist nur so schwierig.

Menschen, die ein Suchtverhalten haben, sei es die Zigarette, es ist wahrscheinlich schwierig, das einfach abzulegen. Genauso ist es mit dem Handy. Man denkt sich, na, noch drei Minuten und dann vergehen die Stunden einfach.

Was kann man denn aktiv tun, wenn man das selbst noch bemerkt, dass es jetzt einfach zu viel ist? Weil viele bemerken ja auch das nicht und rutschen dann, wie Sie schon gemeint haben, in wirklich schlimme Verhaltensmuster. Was kann ich tun, wenn ich oder mein Umfeld bemerke, es ist zu viel, wenn ich den Hinweis bekomme, Vorsicht, du leg mal dein Handy weg, um sozusagen dem ein bisschen entgegenzusteuern? Es gibt ja diesen Begriff Digital Detox, also das digitale Entgiften sozusagen. Genau.

Das fällt den Erwachsenen meistens etwas leichter als den Jugendlichen, eben weil die Erinnerung da ist. Da gibt es noch ein anderes Leben. Aber es gibt mittlerweile auch ganz, ganz gute Programme für Jugendliche, die Digital Detox anbieten.

Und da empfehle ich einfach auch eine sehr, sehr gute österreichische Homepage. Das saferinternet.at, die ganz detailliert so eine Digital Detox-Box für Kinder und Jugendliche anbietet. Ja, wie funktioniert das? Der wichtige Punkt ist, es ist keine Verbotskultur.

Da geht es nicht darum, den Kindern und Jugendlichen irgendwas zu verbieten, weil das wäre völlig sinnlos, weil dieser digitale Anteil ein Ganzes ist für sie. Das ist Teil ihres Lebens. Aber es geht darum, bei ihnen so etwas wie ein Bewusstsein zu schaffen, wie oft benutze ich denn das Ding, wie benutze ich denn das Ding, für was benutze ich das Ding.

Benutze ich es vielleicht als Langeweile-Killer, benutze ich es als Belohnung für irgendwas. Also gebe ich dem eine Bedeutung, die es eigentlich per se nicht hat. Als Basis kann man sich einfach merken, es ist in Ordnung, eine Stunde am Handy oder im Internet oder sowas zu verbringen, wenn ich anschließend eine Stunde im Wald bin.

Was wir nie vergessen dürfen, ist unsere Vorbildwirkung. Also die Kinder lernen von uns, wie die Welt funktioniert. Vorbildwirkung, vielleicht auch ein Stichwort.

Es scheint mir ein bisschen schwierig. Wir haben schon erläutert, wir Erwachsenen in einer bestimmten Generation aus dem vorigen Jahrhundert, wenn man das jetzt so drastisch formulieren möchte, wir kennen ein anderes Leben. Wir haben auch anders funktionierende Systeme noch in unserem Gehirn als die Jugendlichen, wie Sie eben erläutert haben, die aufwachsen mit diesen ganzen Dingen.

Wie schaffen wir es denn, ein Verständnis auf beiden Seiten zu etablieren, also diese Generationen zu vernetzen? Denn es ist für uns tatsächlich fast nicht zu fassen, dass wirklich die Gehirne unserer Kinder schon anders aufwachsen mit diesen ganzen Dingen. Sie haben gesagt, sie denken anders, unsere Kinder. Sie entwickeln sich anders in Bezug auf diese Medien.

Wie schafft man es, diesen Spagat zwischen den Generationen vielleicht herzustellen? Für uns Erwachsene gilt einfach mal erstens, keine Panik. Und es gibt, ich möchte vielleicht auch ein bisschen einen Appell an die Jugendlichen richten und an die Kinder richten, redet mit uns Erwachsenen drüber. Zeigt uns was, was euch so fasziniert.

Bringt uns bei, wie das Spiel funktioniert. Das kann die Generationen absolut wieder näher bringen. Also auch ein bisschen ein Interesse an dem, was die Kinder machen.

Es nicht nur zu verteufeln, sondern zu sagen, hey, zeig mal, was ist das? Ja, genau. Heute zu Gast in Gesund informiert, dem rezeptfreien Podcast, Psychotherapeut Daniel Kulle. Ein großes Stichwort ist wahrscheinlich auch Social Media.

Also ein Bereich, der aus den Kinderköpfen schon gar nicht mehr wegzudenken ist. Sie kommunizieren so miteinander viel mehr noch als direkt. Für Erwachsene ein Bereich, in den viele vielleicht eingetaucht sind, viele aber auch nicht.

Was für einen Stellenwert hat denn Social Media in unserem Leben? In unserem Leben von Erwachsenen nicht natürlich einen so großen wie bei Kindern und Jugendlichen. Für Kinder und Jugendliche sind Social Media-Seiten deswegen so attraktiv, weil sie weitgehend erwachsenenfrei sind. Das heißt, das sind weitgehend Seiten, wo es keinen erhobenen Zeigefinger gibt, wo es keine Appelle gibt, keine Verbote gibt und so weiter.

Und das ist natürlich schon auch wichtig, weil man die nutzen kann, um sich miteinander auszutauschen. Das tun auch viele. Da gibt es ganz, ganz viel Sozialkontakt und Möglichkeiten, von anderen zu lernen.

Aber gleichzeitig, das darf man einfach nicht unter den Tisch fallen lassen, ist es so wahnsinnig gefährlich, weil es auch ein Ort von angstmachenden, bedrohenden, sehr unter Druck setzenden Inhalten ist. Kann man sagen, es spiegelt die reale Welt wieder oder doch nicht? Es ist so eine, ja, ich würde fast sagen Grauzone. Einerseits spiegelt es die Welt der Jugendlichen wieder, weil die sich ja genau darin bewegen.

Andererseits sind Inhalte oft so fernab des wirklichen normalen Lebens.  Wo befindet man sich da? Ich finde es eigentlich sogar gefährlicher als die reale Welt oder wie man das jetzt nennen möge. Einerseits, weil es viel weniger Regeln gibt und viel weniger Einschränkungen gibt.

Damit der Druck auf Kinder, also ich denke jetzt zum Beispiel an die steigenden Zahlen von Essstörungen, die durchaus mit Instagram und Co. zu tun haben, weil es dort um Dinge geht, wie viel darfst du wiegen, wie viel darfst du essen, wie musst du ausschauen und so weiter. Also der Druck, der so etwas erzeugt, ist einfach viel, viel größer als im realen Leben.

Hilfe holen, das ist auch ein wichtiger Punkt. Wo und wie kann ich mir Hilfe holen? Hängt davon ab, was jetzt das Problem ist. Was wir jetzt noch gar nicht angesprochen haben, ist Gewalt im Internet.

Da würde ich auf alle Fälle mich an die Gewaltschutzzentren wenden. Ansonsten Dinge wie Rat auf Draht kann da sehr hilfreich sein. Und Safer Internet kann ich noch einmal empfehlen, eine ganz tolle Homepage.

Und wenn es aber wirklich schon in Richtung psychischer Auffälligkeiten geht, dann bitte gerne eine Art von psychologischer Beratung, psychotherapeutische Beratung. Es gibt mittlerweile auch schon tolle Kolleginnen und Kollegen, die sich spezialisiert haben auf genau dieses Thema. Also das Angebot ist da.

Sie sind selbst in einer Praxisgemeinschaft Delta und als Psychotherapeut tätig. Bemerken Sie, dass dieses Thema tatsächlich wächst und dass das größer wird in den letzten Jahren? Also dass man mehr Kinder, Jugendliche, Erwachsene behandeln muss, die Probleme mit dem Internet haben? Ja, eindeutig. Weil natürlich auch die Seiten raffinierter werden, nenne ich es einmal.

Um jetzt als Beispiel TikTok einmal herzunehmen. TikTok ist wahnsinnig schlau unter Anführungszeichen schlau, weil es mit der Länge der Videos und der Geschwindigkeit der Videos direkt mit dem Belohnungszentrum im Gehirn agiert. Und jeder, der TikTok schon einmal ausprobiert hat, weiß, man schaltet das Ding ein und plötzlich sind drei Stunden weg.

Und man hat keine Ahnung, was ist in den letzten drei Stunden passiert. Es ist ein Thema, ich glaube, wir könnten noch viele, viele Podcasts damit füllen. Ich finde diese ganzen Tipps wahnsinnig spannend.

Es wird uns auch noch in den nächsten Jahren beschäftigen. Und ich möchte vielleicht für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer deshalb noch einmal ein paar Facts zusammenfassen. Sie haben uns so wahnsinnig viele tolle Inputs gegeben, Infos, die einen beschäftigen.

Was kann man jetzt konkret tun? Was ist sinnvolle Internetnutzungszeit? Vielleicht fassen wir ein paar Eckpunkte noch einmal zusammen für den Umgang mit dem Handy und dem Internet. Also es gibt ja diesen berühmten Ausdruck von Medienkompetenz. Ich glaube, dass es tatsächlich ganz, ganz wichtig ist.

Und da müssen aber tatsächlich zuerst wir Erwachsene damit starten, mit unserer eigenen Medienkompetenz und unseren Kindern beibringen, was sind denn vertrauenswürdige Inhalte? Wo kommen denn Informationen her? Wie sicher kann es immer sein, dass die Information wirklich Qualität hat? Und ihnen das beizubringen, so etwas wie ein Impressum zu lesen, so etwas zu schauen, wer hat denn das erforscht und so weiter. Es wird sie vielleicht erstaunen, dass bis vor kurzem war die Lieblings-Suchmaschine von Jugendlichen YouTube. Nicht Google, wie bei älteren Generationen.

Und bei YouTube wissen wir aber, dass da jeder ein Video mit irgendeiner Information einstellen kann. Es wird sich jetzt, oder zumindest mein Eindruck ändert sich gerade. Also ich glaube, die Lieblings-Suchmaschine von Jugendlichen wird gerade Chat-GPT.

Und auch da wissen wir, dass die Informationen bunt zusammengewürfelt werden. Aber ja, also Medienkompetenz und da wirklich einmal bei uns anfangen. Also bei uns Erwachsenen selber das einmal lernen und das den Kindern dann auch weitergeben.

Und natürlich ist es auch ein Auftrag für die Schulen. Ein großes Thema, das Sie auch angesprochen haben, das wir jetzt nicht beiseite legen können, aber dem möchte ich doch noch ein paar Sätze widmen. Ein Punkt, wo Kinder vielleicht unreflektiert etwas glauben.

Sie machen sich den Alltag damit leichter. Sie lassen sich Schulreferate etc. dadurch erstellen.

Ist das eine Gefahr für uns oder sollten wir das auch als Chance sehen? Wie immer beides. Natürlich ist es eine Chance für uns, keine Frage. Aber es ist auch eine Gefahr, weil die aktuellen KI-Modelle und Angebote, die es so gibt, darauf auszielen, dass wir das ungefragt übernehmen.

Also es hat sich eigentlich so gut wie noch niemand von uns angewöhnt, die Quellen, die dazu benutzt werden, zu recherchieren. Wie im guten Journalismus in Wirklichkeit. Einfach mal checken, gegenchecken und noch einmal checken.

Das ist nett, dass da so ein Input kommt, aber das nicht ungefragt übernehmen. Daniel Kuhle, vielen herzlichen Dank. Es ist ein Thema, wo uns einfach der Inhalt nicht ausgehen würde.

Aber ich denke, um einmal einen ersten Überblick zu haben, haben wir heute sehr viel gelernt. Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, uns ein bisschen was über das Thema Medien und Internetkonsum zu erzählen. Danke für die Einladung.

Dankeschön.