Folge #77 Gesund informiert zu Long Covid: Woran erkenne ich die Erkrankung?
In der neuen Folge geht es um Long-Covid. Die Corona-Pandemie liegt zwar schon eine Zeit zurück, aber das Virus gibt es immer noch. Und einige Patient* innen haben auch nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus noch Beschwerden. Man spricht von einem postakuten Infektionssyndrom – einfach gesagt Long-Covid.
In der Folge #77 erfahren Sie, wie die Beschwerden von Long-Covid aussehen können, welche Formen dieser Erkrankungen es gibt, was man dagegen tun kann, ob das Testen noch sinnvoll ist und wie in der Medizin an diesem Thema geforscht wird.
Gast:
Kathryn Hoffmann, Universitätsprofessorin an der Med-Uni Wien, Allgemeinmedizinerin und Public-Health-Expertin, Expertin für postvirale Erkrankungen.
„Gesund informiert“ ist eine Zusammenarbeit zwischen ORF Steiermark und Gesundheitsfonds Steiermark.
Redaktion und Stimme: Fanny Sedlnitzky
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Podcast-Ausschnitte
Hören Sie kurz in die Folge hinein!
Text zur Folge
Willkommen bei Gesund informiert, der Gesundheitspodcast. Eine Zusammenarbeit von Gesundheitsfonds Steiermark und ORF Steiermark. Fanny Sedelnitzki liefert wertvolle Antworten in unserem rezeptfreien Podcast. Heute zu Gast: Allgemeinmedizinerin und Public Health Expertin Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien.
In unserem neuen Podcast beschäftigen wir uns heute mit einem, ja doch, ernsten Thema. Es geht um Long Covid, ein Stichwort, das viele kennen seit der Pandemie. Die Pandemie steckt vielen, ja, auch noch in den Knochen. Ja, und leider einigen Patientinnen und Patienten tatsächlich noch im Körper. Die leiden immer noch an Spätfolgen dieser Erkrankung und darüber wollen wir heute sprechen. Ich habe eine Expertin bei mir zu Gast, Universitätsprofessorin Kathryn Hoffmann. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen.
Ja, vielen herzlichen Dank für die Einladung. Freut mich sehr.
Danke schön fürs Kommen. Sie sind Expertin auf diesem Gebiet, Stichwort Long Covid. Sie sind eigentlich Ärztin für Allgemeinmedizin und Public Health Expertin. Public Health haben wir schon einmal in einer eigenen Folge geklärt. Da geht es unter anderem um Orientierung in unserem Gesundheitswesen, könnte man vielleicht vereinfacht zusammenfassen. Sie wollen uns heute etwas über Long Covid erzählen, und da müssen wir vielleicht ganz zu Beginn anfangen. Die Pandemie liegt einige Jahre zurück, aber die Folgen, die spüren wir heute noch. Was beschäftigt uns denn noch immer aus dieser Zeit?
Es ist nicht nur so, das muss ich ganz zu Anfang sagen, dass jetzt die Pandemie zurückliegt, sondern wenn es um Long Covid geht und das ist auch ganz wichtig zu wissen, dass ja dieses auslösende Virus, dieses Coronavirus, SARS-CoV-2 heißt medizinisch, dass das noch immer zirkuliert und auch noch immer in wiederkehrenden Wellen alle drei bis sechs Monate noch immer auftritt. Das heißt, leider ist es auch noch immer möglich, Long Covid zu bekommen. Long Covid ist jetzt wirklich ein großer Überbegriff über, wenn man es ganz kurz zusammenfassen möchte, alle Schäden, die dieses Coronavirus, dieses SARS-CoV-2, am menschlichen Körper anrichten kann. Es gibt aber, wenn man sich das genauer anschaut und das ist auch ganz wichtig, um Long Covid zu verstehen, drei große Gruppen von Schäden, die dieses Virus anrichten kann.
Die erste Gruppe, das ist die, die zum Glück heutzutage fast überhaupt nicht mehr vorkommt. Das sind diese langfristigen Schäden von einem ganz schweren akuten Verlauf, wenn die Menschen eben im Krankenhaus gelegen sind oder auf der Intensivstation, dann hatten sie oft – und das ist die Definition – Symptome nach dieser akuten Infektion länger als vier Wochen. Das ist relativ verständlich, aber diese Gruppe, Gott sei Dank, gibt es kaum noch. Die zweite Gruppe, und die ist aber durchaus noch häufig vertreten, das ist die Gruppe von Menschen, die schon Vorerkrankungen hat und durch dieses Virus eine Verschlechterung dieser Erkrankung passiert. Das sind hauptsächlich eben Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Herzerkrankungen, aber eben auch, wenn man es schon leicht vorbestanden hatte, demenzielle Erkrankungen oder auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes z.B.
Deswegen, und das sage ich jetzt gleich, ist es wirklich ganz wichtig und auch gut, noch immer zu wissen, mit welchem Virus man sich aktuell infiziert hat, weil wenn man jetzt so eine Vorerkrankung hat, dann sollte man gewappnet sein und wenn es zu einer Verschlechterung kommt, wirklich sofort Arzt oder Ärztin aufsuchen. Und nur ganz kurz, um das abzuschließen: Die dritte Gruppe, das ist eigentlich die, die momentan, man kann jetzt sogar sagen, die Welt am meisten beschäftigt, das ist die Gruppe, wenn dieses Coronavirus ein postakutes Infektionssyndrom, sagt man, auslöst.
Das kann man sich wie vorstellen.
Genau. Dieses postakute Infektionssyndrom, das wird eben in der Medizin mit Postcovid, auch im Vergleich zu Long COVID, abgekürzt, und das sind Symptome, die länger als drei Monate anhalten nach einer akuten Infektion, auch einer ganz, ganz milden akuten Infektion, und nicht erklärbar sind. Und dieses postakute Infektionssyndrom Postcovid, da gibt es auch wieder mehrere Symptomkonstellationen, die passieren können. Eine ganz häufige ist die postvirale Fatik. Mm. auch wieder ein Wort, was ich gleich noch erklären werde. Die postvirale Fatik, die doch nach diesem Virus recht häufig vorkommt, also häufig, mittlerweile spricht man so von um die 5% der Bevölkerung nach Infektion. Postvirale Fatik ist eben eine übermäßige Erschöpfung, ist eigentlich zu kurz gegriffen, weil Erschöpfung kann man durch Erholung wieder rückgängig machen, und diese chronische Fatik oder diese postvirale Fatik ist nicht durch Erholung, kurzfristige Erholung oder Schlaf rückgängig zu machen, sondern das ist wirklich so, dass viele Menschen einfach berichten, wirklich keine Kraft mehr zu haben für ihren Alltag.
Mhm. Das heißt, also die brauchen noch eine Therapie, die brauchen wirklich Unterstützung im Alltag.
Genau. Also, man braucht auf jeden Fall ganz klar Schonung im Alltag, und es wäre auch sehr wichtig, eben eine ärztliche Unterstützung zu haben, z.B. durch Krankschreibung vom Hausarzt, Hausärztin.
Also, man wird dann auch ernst genommen, wenn ich zum Hausarzt gehe, der stellt fest, ich habe eigentlich keine Symptome mehr, ich habe kein Fieber, keine Entzündung, keinen keine Halsschmerzen oder sonstige Probleme, die so einhergehen mit so einer Viruserkrankung. Aber trotzdem fühle ich mich noch matt. Werde ich ernst genommen, wenn dann immer noch eine schwere Erschöpfung, die den Alltag beeinflusst, stattfindet, ja, also wirklich ein Energiemangel im Körper stattfindet, dass aus ärztlicher Sicht selbstverständlich dann und hoffentlich ja nach Gründen gesucht wird dafür. Und das Problem ist bei diesem postakuten Infektionssyndrom, dass dann meistens mit der Standarddiagnostik nichts gefunden wird und dass es dann einfach wichtig ist, auch medizinisch sich wirklich mit den Postakuten Infektionssyndromen und der Literatur zu beschäftigen, weil diese Postakuten Infektionssyndrome in den letzten Jahrzehnten eben sträflich vernachlässigt wurden. Auch der Appell an die Kolleginnen und Kollegen, sich mit der Literatur zu postakuten Infektionssyndromen zu beschäftigen, weil sonst kommt es oft zu falschen diagnostischen Untersuchungen und Fehlschlüssen dadurch.
Heute zu Gast in gesund informiert, dem rezeptfreien Podcast, Allgemeinmedizinerin und Public Health Expertin Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien.
Fortbildung ist das Stichwort für medizinisches oder auch Gesundheitspersonal.
Genau. Also das ist ein ganz ein wichtiger Punkt, sonst findet man einfach nichts. Die, meiner Meinung nach, viel wichtigeren und behandlungsbedürftigeren Symptome und Syndrome im Rahmen von postakuten Infektionssyndromen ist eigentlich eine Störung z.B. vom Immunsystem.
Mhm.
Und da ist der Fokus auf den Mastzellen. Die Mastzellen sind eben spezialisierte Immunzellen, die aber auch inzwischen vermehrt allergische Reaktionen auslösen können.
Das heißt, ich kann Allergien entwickeln, oder wie zeigt sich das?
Genau. Man ist vulnerabel dafür, Allergien zu entwickeln, aber auf der anderen Seite sind diese Mastzellen einfach überaktiv und auch dadurch kommt es zu allergieartigen Symptomen, vor allem der Haut, also Ausschläge, Juckreiz, so kleine Bläschenbildung kann sein, Respirationstrakt, also Atemtrakt, da kann es wirklich zu Kurzatmigkeit kommen oder so ein Gefühl eben auch bei Belastung, nicht genug Luft zu bekommen. Aber auch das Herz-Kreislauf-System, die Überaktivität der Mastzellen kann eben auch zu Herzrasen führen. Z.B. — die Gefäße, also die das Blut transportieren im Körper, können sich zusammenziehen. Das führt dann auch zu Kopfschmerzen und eben auch zu Konzentrationsproblemen. Der zweite große Faktor ist das autonome Nervensystem. Das heißt auch vegetatives Nervensystem. Das ist das Nervensystem im Körper, was man jetzt willentlich nicht beeinflussen kann.
Das ist für ganz viele Funktionen im menschlichen Körper zuständig. Auch wieder angefangen über, dass die Gefäße sich richtig zusammenziehen, kontrahieren. Beispielsweise, dass der Magen-Darm-Trakt richtig funktioniert, dass auch der Puls und die Herzfrequenz richtig funktioniert, für das Kalt-Warm-Gefühl im Körper. Und auch das kann im Rahmen von diesem postakuten Infektionssyndrom schwer gestört sein.
Jetzt liegt eine Erkrankung mit Covid oder eine Influenza vielleicht schon einige Zeit zurück, und dann bekomme ich plötzlich diese Symptome, die sie gerade gesagt haben. Man denkt dann vielleicht bei Magen-Darm-Problemen oder bei Herzrasen nicht sofort an die schon eine Zeit zurückliegende Infektion. Wie komme ich denn darauf? Gibt es spezifische Untersuchungen, die mich darauf hinweisen? Es ist oft tatsächlich schwierig, weil ja auch sehr wenige Leute nur noch testen. Das wird ja auch jetzt nicht,
Sie meinen testen?
Testen im Sinne von, welche Art von... Genau, oder auch Schnelltest, also welche Art von Infektion man jetzt hatte, sodass man weiß, okay, ich hatte SARS-CoV-2 Corona und bin deswegen ein bisschen aufmerksamer, wenn jetzt genau solche Symptome wie Herzrasen, Schwindel, Atemnot, Juckreiz der Haut oder so was auftritt, dass man von ärztlicher Seite sich immer auch neben allen anderen Diagnosen, die man im Kopf hat, einmal auch ganz klar fokussiert: könnte das ein postakutes Infektionssyndrom sein?
Und was eben recht häufig vorkommt, autonomes Nervensystem ist so eine Funktionsstörung, dass die Gefäße sich nicht mehr richtig kontrahieren können, wenn man vom Liegen aufsteht oder vom Sitzen aufsteht. Mm. Wie merke ich das?
Das merke ich daran, dass wenn man eben vom Sitzen aufsteht oder vom Liegen aufsteht, dass einem plötzlich schwindlig wird, dass man plötzlich so eine Kopflere hat, Konzentrationsprobleme hat. Ganz viele merken es aber daran auch, dass der Puls plötzlich schnell wird und auch da müssen Ärztinnen und Ärzte ganz genau nachfragen, wenn Patientinnen das beschreiben. Und dann gibt es auch spezielle Tests tatsächlich dafür. Das ist der Schellong-Test. Das kann man beim Arzt oder bei der Ärztin machen. Da liegen die Patienten für 10 Minuten, und es werden alle 2 Minuten Puls und Blutdruck gemessen, und dann gibt es auch Therapieempfehlungen dafür.
Genau. Da wollte ich jetzt hin. Jetzt haben wir sehr vieles gehört. Ja, das wahnsinnig interessant klingt, aber auch ein bisschen betrübt machen kann, wenn man selbst betroffen ist, wenn man leidet, wenn man Symptome hat, wo man nicht genau weiß, wie man damit umgehen soll. Also im besten Fall entdeckt der Hausarzt, die Hausärztin, dass da was nicht stimmt, dass möglicherweise eine Viruserkrankung davor stattgefunden hat und man immer noch darunter leidet. Wie schauen die Behandlungsmöglichkeiten aus? Was macht der Arzt oder die Ärztin mit mir im Falle so einer Erkrankung wie z.B. Long Covid? Da ist es eben ganz wichtig, auch die ganzen klassischen Erkrankungsbilder noch mal abzuklopfen, weil eben dieses SARS-CoV-2-Virus ja eben das Risiko erhöhen kann für Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombosen, Diabetes, aber eben auch an postakute Infektionssyndrome denken und vor allem in dem Rahmen an das autonome Nervensystem denken, diesen Schellong-Test machen, an die Mastzellen denken. Wie schaut dann meine Prognose aus? Das ist ja das, was den Patienten wahrscheinlich am meisten interessiert. Werde ich wieder gesund, werde ich diese Symptome wieder los, diese Müdigkeit, diese Erschöpfung, dieses Hautjucken, Herzrasen, was auch immer sie da aufgezählt haben. Gibt es die Heilung? Ja, das ist eine ganz wichtige Frage. Dazu muss ich jetzt noch eins von den ganz wichtigen Symptomkonstellationen von postakuten Infektionssyndromen ins Spiel bringen. Leider, also noch eines der wichtigen, das ist diese Post-Exertional Malaise, heißt es, auch wieder ein kompliziertes Wort. Abgekürzt kommt es Ihnen wahrscheinlich oft vor als PEM. Das ist eine Aktivität-Erholungsstörung im Körper.
Mhm.
Man ist noch nicht ganz auf den Startmechanismus gekommen, aber es schaut so aus, als ob durch dieses postakute Infektionssyndrom so eine wirkliche Kaskade an Problemen im Körper entstehen: vom Immunsystem, die dann wieder die Blutgefäße negativ beeinflussen. Dadurch ist der Sauerstofftransport ins Gewebe negativ beeinflusst. Dadurch ist wieder die Energie, also quasi das Kraftwerk, das Energiekraftwerk innerhalb der Zellen, zu wenig mit Sauerstoff versorgt und zu viel mit Abfallprodukten vom Immunsystem und dann so ein Teufelskreis aufrechterhalten. Das ist nämlich genau wie, wie spürt man das? Am Anfang merken es meistens sportlichere Menschen, die dann wieder versuchen, Sport zu machen, wenn man nicht sofort danach gleich fertig ist, so wie das eben bei der Fatik oft der Fall ist, sondern tatsächlich erst am Tag danach
erschöpft ist,
vollkommen und nicht nur erschöpft ist, sondern wirklich am Tag danach eine Zustandsverschlechterung hat oder auch immer nach dem Sport am nächsten Tag das Gefühl haben, sie werden krank.
Mhm.
Und nach zwei Tagen ist es aber dann wieder weg, ohne dass sie tatsächlich krank geworden sind. So, Lymphknoten sind plötzlich geschwollen, Halsschmerzen, und wenn das vorkommt, dann ist das wirklich so ein Red Flag, ein Gefahrenhinweis für dieses PEM. Da musste ich jetzt noch ausholen, weil wenn PEM vorkommt, ist es wirklich notwendig, innerhalb von seinen Energiegrenzen zu bleiben.
Warum muss ich darauf achten? Warum kann ich nicht darüber hinausgehen und sagen, ich treib es jetzt an die Spitze?
Weil im Gegensatz eben zu der Fatik, also wenn man jetzt nur Fatik hat, ist es bei PEM so, dass dieser Zyklus, den ich vorhin erklärt habe: je mehr man versucht, über den Energielevel zu kommen, desto stärker fährt dieser Teufelskreis an, desto mehr Abfallprodukte im Blut, desto stärker das Immunsystem aktiviert. Wenn man dann noch andere von diesen postakuten Infektionssyndromen zusätzlich hat, wie Schmerz, Konzentrationsstörung, z.B. eben diese Erschöpfung oder auch Muskelschwäche und diese autonomen Nervensystem-Symptome, dann spricht man eben von ME/CFS.
Ausformuliert. ME/CFS ist eben die Abkürzung für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom. So heißt die Erkrankung. So ist sie auch anerkannt seit 1969 als neurologische Erkrankung. Mittlerweile weiß man, es ist eine Multisystemerkrankung, die eben hauptsächlich nach akuten Infektionen auftreten kann, aber auch nach schweren Schädel-Hirn-Traumen oder Operationen der Halswirbelsäule des Gehirns kann das passieren. Für diese Gruppe von Menschen ist im Endeffekt die Hoffnung auf vollständige Heilung leider relativ gering, aber es gibt inzwischen, vor allem wenn man es früh diagnostiziert, sehr gute Möglichkeiten, dieses PEM zu vermeiden und wirklich diese schwere Zustandsverschlechterung und auch die Symptome durch Medikamente zu lindern.
Das heißt, also ich kann eine Form finden, meinen Alltag weiter zu bestreiten.
Viele der leicht Betroffenen sind trotzdem noch fähig, einen Arbeitstag zu gestalten, ein – in einer reduzierten Form – auch noch ein Sozialleben zu führen, dann wird es wirklich schon schwierig, weil dann ist es meistens so, dass Arbeiten nur noch auf Kosten des Soziallebens geht, dass dann auch tatsächlich Arbeitszeit reduziert werden muss. Für alle anderen, bei denen jetzt PEM nicht vorhanden ist, bzw. eben nicht diesen ME/CFS-Subtyp, da ist die Chance größer. Ja, also wenn man jetzt Long Covid als Ganzes nimmt, ist die Chance, dass man sich nach einigen Monaten erholt, tatsächlich bei 80%.
Also doch noch ein Lichtblick in unserem Podcast.
Genau. Genau. Und deswegen ist es aber so wichtig, wirklich ganz genau zwischen diesen Gruppen einerseits Long Covid und andererseits dann wieder auch welche Art von postakutem Infektionssyndrom gibt es oder ist es tatsächlich die schwerste Form der ME/CFS zu unterscheiden?
Heute zu Gast in gesund informiert, dem rezeptfreien Podcast, Allgemeinmedizinerin und Public Health Expertin Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien.
Um jetzt auf die Patienten zu sprechen zu kommen. Wir haben in der Corona-Zeit alle die Tests gemacht. Wir haben alle geschaut, habe ich Corona oder nicht. Jetzt gibt es mittlerweile in der Apotheke auch schon Mehrfach-Tests, wo man eben feststellen kann: Ist es eine Corona-Erkrankung (SARS-CoV-2) oder ist es eine Influenza oder ein anderes Virus? Macht es denn Sinn, das wirklich herauszufinden? Sie haben gesagt, es ist wichtig eigentlich für die weitere Behandlung, wenn ich wirklich Spätfolgen habe. Diese Tests sind schon sinnvoll. Natürlich haben diese Schnelltests auch Schwächen, ja, weil sie sind natürlich nicht 100% aussagekräftig in beide Richtungen. Und wenn dann eben SARS-CoV-2 rauskommt, dass man tatsächlich weiß, okay, erhöhte Vorsicht, vor allem wenn man Vorerkrankungen hat oder wenn dann eben so Sachen wie Konzentrationsstörung, Schwindel, Schwäche oder dieses PEM innerhalb von drei Monaten auftreten.
Die wichtige Frage: Kann ich etwas dagegen tun, wenn ich weiß, ich bin jetzt an Covid erkrankt oder an Influenza? Kann ich mich während der Erkrankung schon irgendwie vorbereiten, darauf sozusagen, nicht im Nachhinein Symptome zu entwickeln? Kann ich mit einer Woche länger im Bett irgendetwas auskurieren, weil das, was wir jetzt alles gehört haben von Ihnen, das klingt eigentlich furchtbar schrecklich. Also, man muss dann tatsächlich auch bei den Häufigkeiten bleiben. Ja, Long Covid momentan circa 5% aller…
Alle… Genau. Genau. von allen Covid-Infizierten.
Was wirklich hilft, ist tatsächlich nur ausreichend Schonung. Da gibt es einige sehr gute Studien dazu. Wenn man Influenza, das gilt für Influenza genau, ja, wenn man Influenza, also die echte Grippe, hat, wenn man SARS-CoV-2 hat, also Corona, braucht der Körper, braucht das Immunsystem wirklich einige Wochen, wenn nicht ein, zwei Monate, um sich wieder vollständig reparieren zu können. Und diese Zeit sollte man seinem Körper tatsächlich geben, ohne vorher schon zu pushen. Es gibt sogar aus den United Kingdom und aus Deutschland gibt es für Sportlerinnen und Sportler sogar Leitlinien.
Mhm.
Die sagen, dass nach einer SARS-CoV-2-Infektion muss man mindestens 10 Tage symptomfrei sein, und dann gibt es einen Stufenplan. Dann darf man erst ganz langsam jeweils für eine Woche anfangen mit 60% der maximalen Herzfrequenz, 70, 80% zu trainieren.
Und wenn es während dieser Aufbauphase, wenn jetzt plötzlich dann so was wie Post-Exertional Malaise passiert, ist sofort Stopp, und es muss Energiemanagement gelebt werden und nicht Aufbau, um die Zuhörerinnen und Zuhörer noch mit ein bisschen Freude aus unserem Podcast zu entlassen. Vielleicht ein positiver Lichtblick. Es gibt für die Betroffenen auch Hoffnung, eben gerade dadurch, dass jetzt durch diese SARS-CoV-2-Pandemie einfach die Zahl so hoch ist, ist dieses Thema und diese Erkrankung einfach aus diesen vergessenen, ignorierten Dasein in der Medizin doch einfach jetzt wieder hervorgeholt worden und hervorgekommen. Zum Glück,
es gibt jetzt eben auch das Nationale Referenzzentrum für postvirale Syndrome. Also wir organisieren wirklich sehr viele, allein im letzten halben Jahr 15 Fortbildungen eben für Ärztinnen und Ärzte und auch Symposien und wissenschaftliche Konferenzen eben, um auch die Forschung in Österreich zu dem Thema voranzutreiben. Der Fokus eben jetzt im ersten halben Jahr war auf Ärztinnen und Ärzte, weil das halt die ersten sind, zu denen die Patientinnen oder Menschen mit Symptomen gehen. Aber ganz wichtig auch der Fokus jetzt dann auf Pflege, weil gerade bei schwer Betroffenen und schwer Betroffenen, die dann wirklich pflegebedürftig sind zu Hause, und dann natürlich auch die anderen Gesundheits- und Sozialberufe: Physiotherapie, Ergotherapie, Psychotherapie, Diätologie, eben auch Diätologie, weil sehr viel Magen-Darm-Probleme durch dieses autonome Nervensystem und die Mastzellen auch verursacht werden.
Vielen, vielen Dank für Ihre Zeit, Kathryn Hoffmann von der MedUni Wien, für diese doch sehr spannenden medizinischen Einblicke in eine Krankheit, die man gar nicht haben möchte. Vielen herzlichen Dank, dass Sie gekommen sind.
Danke auch, gerne.
Das war gesund informiert, der Gesundheitspodcast, eine Zusammenarbeit von Gesundheitsfonds Steiermark und ORF Steiermark.
